Der AStA hat zum derzeitigen Stand der Systemakkreditierung an der Leibniz Universität folgende Presseerklärung herausgegeben:
Die Qualitätssicherung der Studiengänge beruht auf Akkreditierungsverfahren. Diese sind – seit den Bologna-Reformen – für alle Studiengänge oder auch für ganze Universitäten Pflicht. Am 20.05.2015 wurde über die Beantragung einer Systemakkreditierung für die Leibniz Universität Hannover im Senat abgestimmt. In Zukunft sollen also nicht mehr einzelne Studiengänge, sondern viel mehr das Qualitätssicherungssystem der Universität akkreditiert werden. Eine Überprüfung der einzelnen Studiengänge sei, so die Annahme, nicht mehr notwendig, wenn das Qualitätssicherungsmanagement ausreichend greife. Die studentischen Senator*innen stimmten unter der Prämisse dafür, dass Studierende maßgeblichen Anteil an der Ausarbeitung und Durchführung des Verfahrens bekommen und für diesen zeitlichen Mehraufwand angemessen entschädigt werden – letzteres wird derzeit durch die Hochschulleitung abgelehnt.
Innerhalb der Akkreditierungsverfahren soll regelmäßig die Qualität der Lehre geprüft und sichergestellt werden. Grundsätzlich geht es dabei um Studierbarkeit oder Wirtschaftlichkeit einzelner Studiengänge. Außerdem soll auf dieser Basis für die angestrebte Vereinheitlichung im Bachelor-Master-System eine gewisse Vergleichbarkeit hergestellt werden. Im bisher allgemein üblichen Verfahren der Programmakkreditierung, wird die Überprüfung der Studiengänge durch externe Agenturen durchgeführt, die als Vereine nicht gewinnorientiert arbeiten. Auch die Studierenden werden am Prozess beteiligt und unabhängig befragt. Dabei sind mindestens 25 % der Gutachter*innen Studierende. Immer mehr Universitäten stellen nun die Akkreditierungsverfahren auf eine Systemakkreditierung um. Dabei wird die Universität überprüft, ob sie in der Lage ist, die Akkreditierungen der Studiengänge selbst durchzuführen. Hierfür müsste die Universität über eine geeignete Struktur verfügen, die jedoch selbst ausgestaltet werden kann. Das bietet auch Chancen einer starken studentischen Beteiligung, jedoch besteht gleichzeitig die Gefahr, dass einzelne Statusgruppen übergangen werden, was sich im laufenden Planungsprozess derzeit abzeichnet.
Fabian Voß, studentischer Vertreter im Senat der Leibniz Universität, erklärt: „Entscheidend ist für uns, dass Studierende gewichtig im LQL-Reviewteam vertreten sein sollen. Dieses Gremium ist maßgeblich am Akkreditierungsprozess beteiligt und erstellt Empfehlungen und Auflagen. Hierbei darf nicht davon ausgegangen werden, dass Studierende diese Arbeit einfach so zusätzlich zu den Anforderungen ihres Studiums erledigen. In der Programmakkreditierung wurden die Beteiligten an diesen Prozessschritten vergütet. Da Studierende den dortigen Arbeitsaufwand nicht von ihrer Arbeitszeit absetzen können und dadurch gegenüber anderen Statusgruppen benachteiligt sind, muss auch hier über eine entsprechende Aufwandsentschädigung nachgedacht werden. Studierende sind als einzige Statusgruppe nicht in einem Beschäftigungsverhältnis an der Universität. Sie müssen daher jede zusätzliche Aufgabe in der Hochschule gegen Studium und Erwerbsarbeit abwägen.“
Katrin Kogel, studentische Senatorin, ergänzt: „Dieses Gremium, in dem alle Statusgruppen vertreten sein sollen, darf nicht übergangen werden! Es muss sichergestellt sein, dass das Präsidium oder die Evaluationseinheit sich nicht über Entscheidungen oder Empfehlungen des Gremiums hinwegsetzen können. Bei einem Akkreditierungsverfahren darf es nicht darum gehen, die Interessen des Präsidiums im Wettbewerb mit anderen Universitäten zu verfolgen sondern es müssen gute Studiengänge mit guten Studienbedingungen geschaffen und langfristig erhalten werden. Ferner müssen Studierende an möglichst vielen Stellen angehört und beteiligt werden, da sie letztendlich die so akkreditierten Studiengänge studieren müssen.
Es besteht die Gefahr, dass trotz einer theoretisch möglichen Beteiligung der Studierenden im Prozess der Systemakkreditierung, die tatsächliche Beteiligung nicht sichergestellt ist. Was haben Studierende davon an der Qualitätssicherung der Studiengänge theoretisch mitzuwirken, wenn sie in der Realität kaum oder keine Zeit dazu finden diese Aufgabe gewissenhaft zu erledigen? Wir halten deshalb eine Entschädigung für zwingend notwendig.“
In der Senatssitzung am 18. November 2015 wurde der Prozess erneut diskutiert. Trotz der großen Vorteile, welche die Universität aus der Systemakkreditierung für sich gewinnen kann, zeigte sich vor allem das Präsidium nicht bereit, eine studentische Beteiligung am Verfahren sicherzustellen. Die Akkreditierung der Studiengänge ist eine durch das NHG vorgeschriebene Aufgabe der Universität, bei der diese darauf verwiesen ist, eine fundierte Meinung der Studierenden einzuholen. Die theoretische Möglichkeit und eine angebliche Verpflichtung der Mitglieder der Universität sich einzubringen, waren entlang der Debatte Argumente gegen eine Aufwandsentschädigung für die Arbeit der Studierenden im LQL-Reviewteam. Vorrangig wurde dabei rechtlich argumentiert. Das Präsidium unterstellte den studentischen Senator*innen im Verlauf der Debatte eine „Forderung nach widerrechtlichem Handeln“, als diese eine umfassende Prüfung gesetzlicher Möglichkeiten forderten. Die Aufgaben des Reviewteams wurden in der bisherigen Programmakkreditierung stets vergütet und die Stimme der Studierenden war im Verfahren gesichert.
„Studierende sind häufig gezwungen neben dem Studium einer Lohnarbeit nachzugehen und haben daher wenige Freiräume sich hochschulpolitisch zu engagieren. Das Suchen von Vertreter*innen für immer mehr Gremien, gestaltet sich zunehmend schwieriger, da viele sich nicht erlauben können, ihr Studium für ihr Engagement zu verzögern. Daher ist eine angemessene Entschädigung für den Arbeitsaufwand in diesem Gremium zwingende Voraussetzung für eine Beteiligung der Studierenden.“, so Bodo Steffen, Referent für Kommunikation und Öffentlichkeit im AStA.
Der Studentische Rat (StuRa) beschloss daraufhin in seiner Sitzung am 25. November 2015, sich nicht weiter an dem Verfahren zu beteiligen, solange eine angemessene Beteiligung der Studierendenschaft sowie eine entsprechende Vergütung der Tätigkeit nicht sichergestellt sind. Nach unseren Informationen gibt es bisher keine*n Studierende*n, der*die für eine Mitarbeit im Reviewteam zur Verfügung steht.
Der Beschluss des StuRa im Wortlaut:
„Die Fachschaftsräte und Fachräte, sowie die studentischen Mitglieder in den Studienkommissionen, den Fakultätsräten und im Senat werden aufgefordert keine Personen für das LQL-Reviewteam zu delegieren. Alle Studierenden werden aufgefordert sich nicht an der Mitarbeit bei der Systemakkreditierung zu beteiligen.
Der AStA wird aufgefordert, unser Begehren nach einem Ausgleich für die Arbeit im LQL-Reviewteam und unsere Weigerung im Fall des nicht Erfüllens öffentlich zu kommunizieren und beim Ministerium zu melden.“
Eine Akkreditierung ohne die Beteiligung von Studierenden sollte nach den gesetzlichen Vorgaben nicht möglich sein. Trotzdem weigert sich vor allem das Präsidium, auf die Belange und Bedürfnisse der Studierendenschaft einzugehen. Wie auch schon in der Änderung zur Vergabepraxis des „Preises für exzellente Lehre“, versucht die Leitung der Universität, die Beteiligung der Studierenden möglichst klein zu halten.
Das neue Präsidium ist kaum ein Jahr im Amt und es droht ein zweites Mal die deutlichen Bedenken der Studierenden zu übergehen. Wie schon bei dem neuen Vergabeverfahren für den Lehrpreis, werden die Studierenden auch bei diesem Verfahren nicht mitspielen:
„So wird eine konstruktive Mitarbeit der von wichtigen Entscheidungen betroffenen Statusgruppe – den Studierenden – bereits im Vorfeld unterbunden oder zumindest stark eingeschränkt. Die Hochschulleitung täte gut daran, sich daran zu erinnern, wer ihre Hörsäle füllt und unter den gegebenen Lehrbedingungen an der LUH studiert. Diese Umstände können nur in einer konstruktiven Zusammenarbeit erhalten oder gar verbessert und weiter ausgebaut werden. Die eigenen Vorstellungen auf Kosten von und gegen den Willen der Studierenden durchsetzen zu wollen, trägt nicht dazu bei.“ schließt Fabian Voß.
Die Frage, ob es ohne die Beteiligung der Studierenden eine angemessene Form der Qualitätssicherung gibt, muss dann die Akkreditierungsagentur entscheiden.