Die Kommission für Verantwortung in der Forschung brachte Leitlinien zum Umgang mit sicherheitsrelevanter Forschung in den Senat ein. Diese orientierten sich an einer Publikation der Deutschen Forschungsgemeinschaft und beinhalteten einen essayistischen Kommentar sowie einige Leitlinien.
Noch immer gibt es an der Leibniz Universität Hannover (LUH) keine verpflichtende Zivil- und Transparenzklausel, obwohl sich die Studierendenschaft seit Jahren dafür einsetzt. Im AStA arbeitet eine eigens eingerichtete SB-Stelle dieses Thema auf, recherchiert eigenständig und versucht den Prozess kritisch zu begleiten. Dank Geheimhaltungsverpflichtungen, versteckten Umschreibungen (Stichwort: dual–use) etc. ist dies jedoch alles andere als eine dankbare, einfache Aufgabe.
Die Ergebnisse dieser Nachforschungen passen zur jüngsten Bekanntgabe der Landesregierung zum Thema. Diese macht deutlich: Hannover belegt wieder einmal den traurigen ersten Platz und führt in Niedersachsen die meiste militärisch relevante Forschung durch. Der Versuch von Präsident Epping, dies in der Senatssitzung als bloße Darstellung durch die Landesregierung abzutun, darf nicht einfach hingenommen werden. Stattdessen muss zeitnah eine konsequente Aufarbeitung und Offenlegung erfolgen.
Doch die Universität zeigt sich wenig bereit, auf die beträchtlichen Einnahmen durch Drittmittel und Fördergelder zu verzichten, wenn diese mit solch kritisch zu betrachtenden Projekten eingeworben werden. Das Präsidium vertritt hierbei den Standpunkt, dass die Einführung einer verbindlichen Transparenz und Zivilklausel in der Grundordnung der LUH einen unzulässigen Eingriff in die Freiheit von Forschung und Lehre darstelle.
Die gesetzliche Grundlage hierfür im NHG erneut zu verankern, wurde durch die Landesregierung während der Novelle im vergangenen Jahr allerdings verpasst: Statt eine verbindliche Zivil- und Transparenzklausel im Hochschulgesetz festzuschreiben, wurden die Universitäten verpflichtet, Kommissionen für Verantwortung in der Forschung einzurichten.
In der Folge appelliert die LUH nun (ganz im Einklang mit ihrer Auslegung der Wissenschaftsfreiheit) ganz offiziell an die Verantwortung ihrer Angehörigen und wälzt das Problem so auf einzelne Forschende ab. Diese wiederum sind in Berufungsverfahren zunehmend auf eingeworbene Drittmittel angewiesen. Das Ausschlagen solcher ethisch fragwürdiger Projekte, kann somit ganz konkret und nachhaltig die eigene Karriere beeinträchtigen.
Nachdem wir die Position der Studierenden bereits in einem Radiointerview gegenüber dem deutschlandfunk verdeutlichen konnten, wurden die Leitlinien der Kommission für Forschungsethik im Senat thematisiert.
Diese (mit professoraler Mehrheit besetzten) Kommissionen, sollen sich mit der ethischen Abschätzung und möglichen Folgen von Forschungsprojekten und -vorhaben beschäftigen. Sie haben jedoch keine eigenen Kompetenzen und dürfen nicht selbstständig tätig werden: Es handelt sich schlicht um ein beratendes Angebot für Forscher*innen, die Zweifel an ihrer eigenen Arbeit anmelden.
Dennoch hat die Kommission es geschafft, eigenständig Leitlinien zu veröffentlichen. Zu unserem Bedauern stellen aber auch diese lediglich einen Apell an Eigenverantwortung und (Selbst-)Reflexion dar und offenbaren so die Handlungsunfähigkeit der Kommission.
Die Verantwortung für die einzelnen Projekte verbleibt so allein bei den Durchführenden und der Verzicht auf kritisch zu betrachtende Forschung wird lediglich als „letztes MIttel“ aufgeführt. Zuvor wird unter anderem zu umfassender Geheimhaltung geraten. Bei der Abwägung selbst, steht dann die Forschungsfreiheit an erster Stelle – noch vor zu erwartenden Vorteilen und Gefahren.
Dieser Umgang ist aus unserer Sicht unverantwortlich. Die Verantwortung wird ohne jegliches Verständnis von realen Sachzwängen im Forschungsbetrieb von oben nach unten weitergereicht und es wird dabei blind an die Eigenverantwortlichkeit der Forschenden appelliert. Wie so häufig, steht die Wirtschaftlichkeit an erster Stelle. Deshalb bleibt unsere Forderung nach einer bindenden Zivil- und Transparenzklausel in der Grundordnung der Universität erhalten.